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Die Homilien zum Philipper- und Kolosserbrief tragen das Gepräge des großen Kirchenlehrers auf dem byzantinischen Bischofsstuhle so deutlich an sich, dass es nicht erst des Hinweises auf die ununterbrochene äußere Bezeugung bedarf, um ihre Echtheit darzutun. Wann und wo der Heilige den Philipperbrief homiletisch bearbeitet hat, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen, weil positive Anhaltspunkte so gut wie gänzlich fehlen. Hier schildert Chrysostomus — freilich ohne Namensnennung — einige traurige Vorkommnisse aus der Geschichte des regierenden Herrscherhauses, welche sich in den letzten Dezennien zugetragen haben. Wenn er von dem Regenten seiner Tage sagt: „Und das Leben des gegenwärtigen Regenten, ist es nicht, seitdem er das Diadem trägt, eine ununterbrochene Kette von Mühen, Gefahren, Beschwerden, Verdrießlichkeiten, Unglücksfällen und Nachstellungen?“ — so haben wir wohl kaum an die Regierung des als Herrscher, Feldherr und Gesetzgeber gleich tüchtigen Theodosius I. (379–395 n. Chr.), sondern eher an die seines Sohnes und Nachfolgers Arcadius (395–408 n. Chr.) zu denken. Dieser, energielos und unbegabt, wurde zum willenlosen Werkzeug in der Hand einer intriganten Hofkamarilla. Ob der Heilige bei seiner Schilderung bereits die politischen Vorgänge des Jahres 399 im Auge hatte, lässt sich mit Bestimmtheit weder bejahen noch verneinen. Wir hätten demnach als Abfassungszeit unserer Homilien den Anfang des fünften Jahrhunderts und als Abfassungsort Konstantinopel zu betrachten. Damit steht einigermaßen im Widerspruch, wenn Chrysostomus an den Tod des Kaisers Valens (364–378) die Bemerkung knüpft: „Seine Gattin trauert als Witwe“, sie also noch am Leben sein lässt. Doch gehört ein Alter von 70–80 Jahren bei Frauen nicht zu den Seltenheiten. Dies ist eine Ausgabe der Bibliothek der Kirchenväter.